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September 2020

MS Stadt Bern (II) – Thunersee
Im Sommer 2020 wurde das MS Stadt Bern abgebrochen. Markus Engemann, ein grosser Schiffsfreund, hat uns die untenstehende Chronik zusammengestellt.

Das MS Stadt Bern ersetzte das 95 Jahre alte Dampfschiff desselben Namens. Weil man für das neue Schiff mehr Kapazität wünschte als beim MS Jungfrau, wurde die «Stadt Bern» am Heck um 2 Meter länger gebaut. Dazu wurde für den hinteren Schiffsteil ab Höhe Maschinenraum ein neuer Linienriss konstruiert. Bei Ablieferung war das Schiff weiss lackiert, Handläufe und Scheuerleiste BLS-braun, Zierlinien hellbraun, Dächer grün, Halbrundprofil oben am Kamin silberbroncefarbig.

Foto: Die «Stadt Bern» im Originalzustand (Meyerhenn, Bern; Sammlung Markus Engemann).

Im Winter 1959/60 wurden das Oberdeck und das Brückendeck um je 3 Meter verlängert, um dadurch mehr geschützte Aussenplätze zu schaffen. Gleichzeitig wurden die Handläufe und die Scheuerleisten schwarz und die Zierlinien rot lackiert. Nach diesem Farbschema wurden dann alle Neubauten und nach Revisionen auch die übrigen Schiffe lackiert.

1963/64 wurde mit wenig Aufwand ein Sonnendeck erstellt. Gleichzeitig wurden die Latten der Aussenbänke auf hellgrün umlackiert, um die unerwünschte Blendwirkung der weissen Latten abzuwenden.

Foto: Das Ober- und das Brückendeck wurden im Winter 1959/60 um je 3 Meter verlängert worden, um so mehr gedeckte Plätze zu schaffen (Foto Meyerhenn, Bern; Sammlung Markus Engemann).

1974 wurde die Heckrudersteuerung auf Hand- auf elektrohydraulischen Betrieb umgestellt, dabei konnte die Besatzung von fünf auf vier Personen reduziert werden. 1975 wurden zwei Fäkalientanks eingebaut. 1976 wurde vom Treppenhaus zur Laube auf dem Oberdeck hinten ein Durchbruch geschaffen, gleichzeitig wurde die Laube um 4 Meter verlängert und hinten mit einer Glasschiebewand abgeschlossen.

1986/87 erhielt die «Stadt Bern» eine Hauptrevision auf Stapel und 1990/91 eine Hauptrevision auf Stapel samt neuen Propellerflügeln sowie ein neuer Decksbelag auf dem Oberdeck hinten.

Foto: Im Jahr 1964 erhielt die «Stadt Bern» ein Sonnendeck. Bei dieser Gelegenheit wurden die Latten der Aussensitzbänke auf hellgrün umlackiert, um die unerwünschte Blendwirkung der weissen Farbe abzuwenden (Foto Markus Engemann, 1974).

1992/92 erhielt die «Stadt Bern» eine elektrische Anlage (Umbau von 110 V Gleich- auf 230 V Wechselstrom). Die Küche wurde umgebaut und der Oberdecksalon stilgerecht renoviert. 1993/94 wurden die MWM- durch neue Detroit-Dieselmotoren ersetzt. 1996 Montage des Berner Wappens bugseits des Namenszuges (Geschenk der Düsseldorfer Rheinschifffahrt).
1996/97 erhielt die «Stadt Bern» die letzte Hauptrevision auf Stapel mit teilweisem Neuanstrich.

Foto: Die «Stadt Bern» wendet, wie damals üblich, zur Rückwärtsfahrt nach Thun bereits vor dem Anlegen in Hünibach. Hier ist die im Jahr 1976 um 4 Meter verlängerte und mit einem Glaswandabschluss versehene Laube auf dem Oberdeck gut zu sehen. Innen wurde gleichzeitig backbords vom Treppenhaus aus ein Durchgang zur Laube geschaffen (Foto Markus Engemann, 1982).

Das Schiff «Stadt Bern» wurde anfänglich auf dem Mittagskurs nach Interlaken und um 17.00 Uhr zum zweiten Mal auf dem Kurs nach Interlaken und retour eingesetzt. Ab 1971 übernahm sie grundsätzlich die beiden Kurspaare nach Interlaken und retour anstelle des DS Blümlisalp. Auch auf Abendrundfahrten und Extrafahrten wurde das Schiff gerne eingesetzt.

Foto: Ein Bild vom Brückendeck/Sonnendeck: Typisch «Stadt Bern» (Foto Markus Engemann).

Ab 1998 ging der Einsatz der «Stadt Bern» infolge Inbetriebnahme des zusätzlichen MS Berner Oberland zurück. Ab 2002 war die Renovation des beliebten und unverzichtbaren Schiffes in Planung. Weil die Kosten für die Beibehaltung des MS Beatus um 1 Mio. Franken tiefer waren als jene für die «Stadt Bern», wurde sie ab 2005 stillgelegt und werterhaltend an der Werft abgestellt.

Foto: Der Salon 1. Klasse (Oberdeck) ist im Jahr 1982 abgesehen von den Vorhängen noch im Originalzustand. Foto Markus Engemann, 1982)

Foto: Der Salon 2. Klasse (Hauptdeck) ist im Jahr 1982 abgesehen von den Vorhängen noch im Originalzustand. Bis zuletzt wurde daran nur wenig geändert. Foto M. Engemann, 1982)

Foto: Der Salon 1. Klasse (Oberdeck) wurde mit Heizkörpern versehen und im Winter 1992/93 sanft renoviert und ist bis am Schluss praktisch unverändert geblieben (Foto Markus Engemann, 2002)

Im Jahr 2010 wurde die «Stadt Bern» durch das MS Niederhorn an die Casino-Ländte in Thun verholt, wo eine durch den Thuner Künstler Heinrich Gartentor gestaltete Ausstellung öffentlich zu besichtigen war. 2015 wurde die «Stadt Bern» zur Kontrolle auf Stapel genommen, dabei wurden die beiden EW-Verstellpropeller demontiert, die Antriebswellen wurden aber belassen.

2020 wurde der Entscheid publiziert, dass MS Bubenberg behalten werden soll und man sich von diversen Schiffen u.a. auch von der «Stadt Bern» trennen will. Das Schiff wurde ab Mai 2020 ausgeräumt und ab Mitte Juni bis am Ende Juli 2020 in der Halle der Thuner Schiffswerft durch eine Drittfirma abgebrochen.

Foto: Die «Stadt Bern» nimmt Kurs an auf die Station Spiez (Foto Markus Engemann, 1992)

Nach unserer Beurteilung ist es sehr schade, dass ein Schiff mit einer gesunden und guten Struktur nicht behalten werden konnte. Es war schweizweit betrachtet in seiner Art jenes Schiff, welches dem Originalzustand noch am nächsten war. Man hätte unter anderen finanziellen Gegebenheiten daraus ein tolles historisches Motorschiff aus den 1950-er Jahren gestalten können, denn die «Stadt Bern» war oft im Einsatz und stets zuverlässig und beliebt.

Foto: «Rückbau» der «Stadt Bern» (Foto Markus Fröhlich, 2020).
Weitere Bilder sind auf der Webseite von Christoph Hurni zu sehen.

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