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November 2021

MS Niederhorn – Thunersee
Als Ersatz für das im Betrieb unbeliebte Dampfschiff Helvetia, die Schale war zwar noch gut erhalten, wurde das mittelgrosse Motorschiff Niederhorn beschafft. Erbaut wurde die neue Einheit von der Bodan-Werft in Kressbronn (D) zum Kaufpreis von CHF 927’900. Die Inbetriebnahme erfolgte am 17. Mai 1959.

Foto: Das Motorschiff Niederhorn ersetzte den Halbsalondampfer Helvetia.

Weil das Schiff zur Führung von Hauptkursen in der Vor- und Nachsaison und für Nebenkurse und Extrafahrten in der Hauptsaison konzipiert wurde, weist es keine umlaufenden Aussengalerien auf. Das MS Niederhorn ist in der Linienführung etwas eleganter als die bisherigen Schiffe aus der Bodan-Werft. Auch der Innenausbau ist etwas moderner. Statt einer Decke mit Felderteilung wurde eine Decke mit diagonal verlegten Platten und darin integrierter Deckenbeleuchtung montiert. Moderne Stahlrohrmöbel und ein Bodenbelag mit neuen Farben und Mustern ergänzen die Inneneinrichtung.

Foto: Diese Aufnahme entstand nach dem Stapellauf.

Zu Klagen Anlass gab die Auspuffanlage, weil die Rohre am Heckspiegel ausgemündet sind. Bei den langen Rückwärtsfahrten sassen die Passagiere in Rauch und Abgasen. Auch die Hotels von Gunten, Spiez und Merligen haben Klagen ihrer Gäste wegen Abgasbelästigung an den Schiffsbetrieb weitergeleitet. Lag die «Niederhorn» in Thun an der Ländte 7 (Heck nahe an der Quaimauer) roch man es auch. 1961 leitete man die Abgasrohre vertikal durch Haupt- und Oberdeck, wobei ich behaupte, dass man auf Oberdeck den beim MS Interlaken (Brienzersee) entbehrlich gewordene Gaffelmast aufstellte, um die isolierten Abgasrohre seitlich daran zu befestigen.

Foto: Werksaufnahme der Bodan-Werft kurz vor der kommerziellen Inbetriebnahme der «Niederhorn» 1959.

Aber auch diese Lösung hielt nicht lange, ich denke, sie behinderte die Sicht des Fahrpersonals bei Rückwärtsfahrten zu stark. Ab 1963 leitete man die Abgasrohre durch den Kamin ab. Die ganze Abgasfrage entstand deshalb, weil man einen Abgaskanal mitten durch den Oberdeck-Salon wie bei der «Interlaken» vermeiden wollte. Deshalb erreicht man bei der «Niederhorn» den Oberdeck-Salon durch eine vom Einstiegdeck nach hinten verlaufende, zweiläufige Treppe. Den Aufgang zum Oberdeck flankieren zwei durch den bekannten Thuner Künstler Knud Jacobsen direkt aufs Stahlblech gemalte Bilder.

Foto: Deutlich zu sehen, wie die Abgase aus dem Kamin entschwinden. Heute ist dieser starke Ausstoss nicht mehr geduldet.

Weil das Schiff grösser ist als die «Interlaken», ist es mit Doppelschrauben-Antrieb ausgerüstet, aus Gewichtsgründen mit schnelllaufenden, aber kurzlebigen GM-Diesel-Motoren von je 220 PS. Das Schiff weist ebenfalls aus Gewichtsgründen zwei Festpropeller auf (3-flüglig) anstelle von Verstellpropellern. Leerverdrängung bei Ablieferung: 146,5 m3.

Foto: Blick in den Erstklass-Salon wie er sich 1982 präsentierte.

1974 erfolgte ein Motorenersatz, wiederum wurden zwei GM-Dieselmotoren eingebaut.
Die dritten Antriebsmotoren (Detroit-Diesel) sind gedrosselt auf je 220 KW oder 300 PS. Das Schiff erreicht somit eine heute Geschwindigkeit von 27 km/h, zeichnet sich aus durch eine sehr gute Seitenstabilität und eine gute Wendigkeit auf. Die originale Pfeife klang etwas rauchig, für mich wie das MS Italia (1962, Luganersee [SNL]) und konnte laut sein, Leute erschrecken.

Foto: Der Erstklass-Salon wie er sich 2021 präsentierte.

Weitere Änderungen
1977 wird die Heckruderanlage auf Servo-Steuerung umgebaut und die Besatzung von vier auf drei Mitglieder gesenkt.
1979 wird die offene Laube auf dem Hauptdeck hinten rundum geschlossen, heizbar gemacht und mit einem Teppich belegt. Die Latten-Bänke werden durch Einzelstühle mit orange-farbige Plastikschalen ersetzt.
1989/90 wird der Oberdecksalon sanft renoviert (neuer Teppichbelag, neues Mobiliar)

Foto: Den Aufgang zum Oberdeck flankieren zwei durch den bekannten Thuner Künstler Knud Jacobsen direkt aufs Stahlblech gemalte Bilder.

1991/92 es werden zwei neue Detroit-Dieselmotoren eingebaut, es sind dies die dritten Motoren, dazu kommen eine neue Stromversorgung und Kücheneinrichtung.
1993/94 neue Bestuhlung in der Laube auf dem Hauptdeck. Gleiches Modell wie auf MS Brienz, aber roter statt brauner Stoffbezug.
1995/96 Ausrüstung mit Radaranlage

Foto: 2008 wurde die Fussball-Europameisterschaft in der Schweiz und in Österreich abgehalten. In dieser Zeit diente die «Niederhorn» als Fan-Zone.

Das Schiff wird immer normal unterhalten und ist im Kurs- und vor allem im Extrafahrten-Dienst sehr beliebt. Im Sommer 1985 führte allein die «Niederhorn» 100 Extrafahrten aus. in letzter Zeit ist der Einsatz des Schiffes trotz seiner schön gestalteten und gut lichtdurchfluteten und behaglichen Innenräume zurückgegangen.

Foto: Im Frühjahr 2018 präsentiert sich die «Niederhorn» an der Ländte von Einigen.

Das Schiff legte bis Ende 2020 total 794’155 Km zurück. Gemäss der Flottenstrategie 2020 des Schiffsbetriebs der BLS wird die «Niederhorn» Ende 2021 ausgemustert und im Frühjahr 2022 zurückgebaut.
Diese Chronik wurde von Markus Engemann zusammengestellt. Herzlichen Dank dafür!

Foto: Das MS Niederhorn wartet am letzten Einsatztag (25. September 2021) auf die Abfahrt in Spiez.

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