Im Juni hat die Navigazione Lago di Como einen kleinen Anlass zum 120-Jahr-Jubiläum der «Milano» durchgeführt. Nach fast zwei Jahren Stillager ist diese Einheit wieder einsatzfähig.
Dampfer Concordia und Patria
Im Mittelpunkt des Jubiläums werden die beiden 1926 erbauten Dampfer stehen.
Unvorhergesehenes vorbehalten, wird dies im Falle von DS Concordia (Como) kein Problem sein. Offen ist hingegen die Frage, ob es trotz Beschlusses einschliesslich Kreditsprechung gelingt, den Dampfer Patria rechtzeitig einsatzfähig zu machen. Da sind einige Hürden zu überwinden, zumal die Revision unter der Federführung der Provinzverwaltung Como (2008-2013 einschliesslich Vorarbeiten) nicht jene Qualität erbracht hat, die man von einer Wiederherrichtung im Kostenrahmen von deutlich über drei Millionen Euro erwarten konnte. Das kann bestätigen, wer das Schiff in den Betriebsjahren 2014 bis anfangs 2016 erlebt hat. Seither erfolgten keine Instandhaltungsarbeiten, sodass nach kurzer Zeit schon wieder eine umfassende Revision notwendig wird. Da stellt sich auch die Frage der Dampfkessel. Von der Zulassungsbehörde wurde damals nur eine Anlage (Garioni Naval) mit in etwa halber Leistung bewilligt, womit nur Rundfahrten ausserhalb der Fahrplandoktrin möglich waren. Mehr war nicht geplant, zumal die Linienschifffahrt keine Konkurrenz im Fahrplanverkehr duldete. Soll die «Patria» dereinst wieder kursmässig zum Einsatz kommen, sind hier entscheidende Fragen im Raume. Man dürfte wohl nicht um einen erneuten Ersatz dieser Anlage herum kommen. Diese und viele andere Probleme sollen bis zum Jahresende geklärt sein. In jedem Falle wird eine öffentlich-rechtliche Ausschreibung der Revisionsarbeiten nötig sein. Federführend ist hier die Gestione Governativa Navigazione Laghi Italia, wobei der Dampfer selbst im Eigentum der Provinz Como bleibt.
Ein sicherer Wert ist auch diese Saison die Concordia, welche in der Regel an Sonn- und Feiertagen kursmässig im Einsatz steht. Kurzfristig sind auch Einsätze unter der Woche möglich, was allerdings erst in letzter Minute entschieden wird und von der angespannten Personalsituation abhängt. Der Fachkräftemangel ist bei der Schifffahrt auch in Italien spürbar.
Revision DS Piemonte
Alles nach Wunsch und Plan läuft auf dem Lago Maggiore mit DS Piemonte. Das Schiff wird im Rahmen der rechtlichen Bestimmungen durch eine Bauwerft namens Casa dei Motori im Moment revidiert und man ist fast auf die Woche genau im Bauprogramm unterwegs. Wenn alles so weiter läuft, wird das Schiff früher als geplant, auf Mitte 2025, einsatzfähig sein. Im Hintergrund laufen erste Vorbereitungen auf das Jubiläum der Schifffahrt, wo Anlässe aller Art an Land und auf dem Wasser in Diskussion stehen. Ob die «Piemonte» je wieder kursmässig fahren wird, ist noch nicht entschieden. Das war in den Jahren vor der Revision nur sehr selten der Fall und wenn, dann in Verbindung mit einer Rundfahrt.
Engpässe noch und noch
Die Schifffahrtsbetriebe aller drei grosse Seen, welche unter der Verwaltung der Gestione Governativa Navigazione Laghi sind, stehen vor grossen Problemen und Herausforderungen. Die Fahrgastzahlen steigen seit Ende Corona Massnahmen weit überproportional an und das zu fast allen Jahreszeiten. Die Schifffahrtsunternehmen sind überrascht und überfordert zugleich, was ihnen nicht angelastet werden kann. Man konnte schlicht nicht damit rechnen und das spüren die Fahrgäste vor allem auf jenem See, der eine hohe Nachfrage im Alltagspendlerverkehr kennt: Dem Comersee. Die Überbeanspruchung aller Schiffe führt zu vermehrter Abnützung und das erhöht die Reparaturanfälligkeit. Personalmangel, Kündigungen und Pensionierungen führen zu oft wochenlangem Stillager der Schiffe. Kurzfristig kam es zu Kürzungen im Fahrplan. Im Como zum Beispiel mit der Verschiebung des Sommerfahrplanbeginns 2024 von Juni auf Juli. Zudem sind Charterfahrten bis auf Weiteres nur sehr eingeschränkt möglich. Eine Verbesserung der Situation ist nicht absehbar.
Die Kundschaft des Comersees spürt die angespannte Lage mit langen Wartezeiten. Zwar können Fahrscheine digital gelöst werden. Wer den analogen Weg wählt, erlebt unter Umständen mehrstündige Wartezeiten. In der Stadt Como ist der Begriff «Overtourism» in der Bevölkerung und auch in der Politik angekommen. Im Frühsommer äusserte sich die Stadtregierung in dem Sinne, dass analog vieler Städte wie etwa Venedig eine Besuchsgebühr für Tagesreisende geprüft wird. Das könnte im Extremfall bedeuten, für eine Schifffahrtsreise ab und bis Como eine Eintrittsgebühr entrichten zu müssen. Noch sind keine Entscheide gefallen, aber das Thema ist gesetzt. Sollten die Touristenströme in und aus aller Welt weiterhin ansteigen – davon ist auszugehen – müssen wir uns auf unangenehme Begleiterscheinungen einstellen.
Dennoch besteht die Hoffnung auf ein Festjahr der Dampfschifffahrt beziehungsweise der maschinengetriebenen ‘Navigazione’ des öffentlichen Verkehrs auf den beiden Seen Oberitaliens. Es mischen sich Vorfreude auf ein hoffentlich italienisch geprägtes Jubiläum mit der Spannung betreffend die Rahmenbedingungen und möglichen zeitbedingten Hindernissen. Die Dampferzeitung wird Sie auf dem Laufenden halten.