Änderungen im Fährverkehr – die MF Euregia geht ausser Dienst

Kurt Hunziker
Eine Fährverbindung zwischen Friedrichshafen und Romanshorn gibt es seit 1869. Damit auch im Winter ein Stundentakt auf der Fährstrecke Romanshorn-Friedrichshafen-Romanshorn angeboten werden konnte, bestellten die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) und die Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) Mitte der 1990er Jahre gemeinsam ein neues Motorfährschiff. Den Auftrag für diese neue Einheit erhielt die Bodan-Werft in Kressbronn.

Das neue Fährschiff konnte im Juli 1996 in Betrieb genommen werden und erhielt sofort grossen Zuspruch.

 

Da beim Kauf der Fähre die Immatrikulation in der Schweiz erhebliche Ersparnisse einbrachte, fährt sie mit schweizerischen Papieren, jedoch jeweils unter der Flagge der entsprechenden Schiffsbesatzung.

 

Die Gestaltung der Fähre erfolgte durch Alexander Neumeister. Dieser deutsche Designer ist auf Technikdesign spezialisiert. Einem breiten Publikum bekannt wurden die von ihm gestalteten Schienenfahrzeuge, darunter mehrere Baureihen des ICE, der Shinkansen und des Transrapid.

 

Der Schiffsname Euregia wurde über einen Wettbewerb gefunden und soll die europäische Annäherung symbolisieren.

 

Fahrplanerweiterung

Die «Euregia» ergänzte ab 1996 den Fährverkehr von Friedrichshafen nach Romanshorn, der bis dahin von der schweizerischen Motorfähre Romanshorn und der deutschen Fähre Friedrichshafen (ex «Rorschach») bewältigt wurde.

 

Die MF Euregia, die über einen grosszügigen und hellen Salon verfügt, hat ein modernes Aussehen und fällt von den übrigen Fährschiffen (positiv) auf. Es wurde von Anfang an darauf geachtet, dass die «Euregia» auch im Charterverkehr eingesetzt werden konnte.

 

Technik

Die «Euregia» wird dieselelektrisch angetrieben. Sie verfügt über vier MTU-Dieselmotoren mit insgesamt 2’280 PS, die direkt mit Generatoren gekoppelt sind. Die beiden Voith-Schneider-Antriebe an den beiden Enden der Fähre werden von den damit verbundenen Elektromotoren angetrieben.

 

Die MF Euregia ist die einzige Bodenseefähre, die auch Gefahrguttransporter befördern darf.

 

Aus der Chronik

Am 15. September 2007 gerät einer der Elektromotoren in Brand. Die MF Euregia, die gerade in Friedrichshafen zu einer Charterfahrt ablegen will, wird evakuiert. Es entsteht beträchtlicher Sachschaden. Die Fähre kann wenige Tage später wieder eingesetzt werden.

 

Am 31. März 2015 trieb die «Euregia» mehrere Stunden während eines schweren Sturms manövrierunfähig auf dem Bodensee, weil einer der beiden Elektroantriebe ausgefallen war. Es bestand dabei keine Gefahr für die Passagiere, aber die Fähre konnte erst nach drei Stunden in Romanshorn anlegen.

 

Am 27. Juni 2017 kann die Fähre nach einem Motorschaden nicht mehr in Friedrichshafen anlegen. Nachdem der Schaden zunächst nicht repariert werden kann, werden die Fahrgäste von der MF Friedrichshafen übernommen, welche die Kurse der «Euregia» nach Romanshorn übernimmt. Die MF Euregia kehrt am selben Tag aus eigener Kraft in den Hafen von Friedrichshafen zurück.

 

Im Winter 2017/2018 erfolgt eine gründliche Landrevision in der Werft in Romanshorn.

 

In den vergangenen Wintern wurde wegen technischer Störungen an der „Euregia“ die Verbindung bereits teilweise über mehrere Wochen hinweg auf einen Zweistundentakt reduziert.

 

Überraschend

An einer gemeinsamen Medienkonferenz vom 1. Oktober 2024 gaben die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB) und die Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft (SBS) die Ausmusterung der MF Euregia bekannt. Die Fähre soll am 15. November 2024 zum letzten Mal im Kursverkehr zwischen Friedrichshafen und Romanshorn im Einsatz sein.

 

Weiterbetrieb nicht mehr wirtschaftlich tragbar

«Die notwendigen Investitionen in die Fähre sind so umfangreich, dass ein Weiterbetrieb wirtschaftlich nicht mehr tragbar ist», so die beiden CEO’s Frank Weber (BSB) und Benno Gmür (SBS) an der Pressekonferenz. Grund sind die notwendigen, umfangreichen Modernisierungsarbeiten vor allem an der Antriebsanlage für welche Kosten von mehr als 2,5 Millionen Franken kalkuliert werden. Durch die ungünstige Schalenform verbraucht die «Euregia», im Gegensatz zu den älteren Fährschiffen, auch bedeutend mehr Brennstoff und dies führt auch zu höheren Betriebskosten.

 

Mit welchen Interessierten wurde vorab gesprochen?

Informiert über die Pläne der Verantwortlichen von BSB und SBS wurden die Verwaltungsräte und Aktionäre, die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Vorarlberg sowie die Kantone Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, das Bundesamt für Verkehr, die Städte Romanshorn und Friedrichshafen sowie Charter-Kunden. Die Betreibergesellschaften standen natürlich im intensiven Austausch mit der Abteilung Öffentlicher Verkehr des Kanton Thurgau, welcher den Schweizer Teil der Fährverbindung zusammen mit dem Bundesamt für Verkehr als Regionalverkehr bestellt. Es wird eine Studie zur Zukunft der Fährverbindung beauftragt und uns war es wichtig, keine Entscheide vorwegzunehmen. Gemeinsam ist man schliesslich zum Schluss gekommen, dass es der richtige Schritt ist, die «Euregia» per sofort ausser Dienst zu nehmen.

 

Winterfahrplan

Für den Zeitraum vom 16. November 2024 bis am Samstag, 15. März 2025 wird deshalb mit den verbliebenen Bodensee-Fähren ein Zweistundentakt eingeführt. Die Reduzierung ist nötig, weil die Motorfähren Friedrichshafen und Romanshorn von Mitte November bis Mitte März jeweils zur Wartung in die Werft müssen und nicht komplett zur Verfügung stehen.

 

Grund ist der Rückgang an Lastwagen-Transporten

Grund für diese Änderung am Einsatzkonzept ist auch der Rückgang an Lastwagen-Transporten. Zeitweise waren alle drei Fährschiffe der Bodensee-Fähre im Einsatz, um der hohen Nachfrage nach Transporten gerecht zu werden. Wenige Jahre nach der Inbetriebnahme der „Euregia“ ging die Nachfrage jedoch zurück. Eine Rolle habe dabei der Wegfall der 28-Tonnen-Gewichtsbegrenzung in der Schweiz gespielt, wodurch das Umladen von 40-Tonnen-Lastwagen in Romanshorn entfiel. Vor dem Ausbau der Autobahnen in Richtung Bodensee nutzten Motorfahrzeuge zudem häufig die Route über die B33 von Ulm nach Friedrichshafen und weiter in die Schweiz per Fähre. Als jedoch alternative Verkehrswege ausgebaut wurden, seien die Frequenzen des motorisierten Verkehrs eingebrochen.

 

Ist dies der Anfang vom Ende der Fährverbindung?

Auf diese Frage eines Journalisten antworteten die Verantwortlichen der BSB und SBS: «Nein, grundsätzlich nicht. Die seequerende Schiffverbindung zwischen Friedrichshafen und Romanshorn wird auch in der Zukunft bestehen bleiben. Aber die Fährverbindung wird sich verändern, sie muss sich der wandelnden Nachfrage anpassen. Die Nachfrage nach Fahrzeugtransporten ist seit mehreren Jahren rückläufig und besonders in den Wintermonaten ist ein Betrieb von zwei kostenintensiven Fährschiffen wirtschaftlich nicht darstellbar. Ein ganzjährig durchgängiger Einstundentakt der Fähre erfordert eine dritte Fähre, die aber nur selten zum Einsatz kommt. Diese Vorhaltungskosten können nicht mehr erwirtschaftet werden. Sie lassen sich aber vermeiden, wenn in der verkehrsschwachen Winterzeit nur ein Fährschiff im Zweistundentakt eingesetzt wird und zusätzlich ein Fahrgastschiff die ausgefallenen Kurse ersetzt.»

 

Für Fussgänger und Fahrradfahrer ändert sich nichts

Für Passagiere und Fahrräder bleibe der gewohnte Fahrplan im Stundentakt mit einem Kursschiff und einer Fähre bestehen, schreiben die beiden Fährbetriebe weiter. Durch ein Ersatzschiff bleibe damit der stündliche Takt für den Personen- und Fahrradverkehr bestehen.

 

Charterfahrten 2025

Im Jahr 2025 soll die MF Euregia nochmals für Charterfahrten als Partyboot unterwegs sein. Sollte sich keine anderweitige Verwendung ergeben, soll das Schiff im Winter 2025/2026 zurückgebaut werden.

 

Präsentation anl. der Medienkonferenz von BSB und SBS

 

Grundrissplan

 

Faktenblatt

 

Bestuhlungsplan

 

Technische Daten MF Euregia
Indienststellung 1996
Eigner Bodensee Schiffsbetriebe GmbH &
Schweizerische Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft AG
Umbau und Renovation 2018
Design, Engineering & Bau Bodan-Werft, Kressbronn
Antrieb 2 Voith-Schneider-Propeller angetrieben von 4 Dieselgeneratoren; 4 Dieselmotoren der Firma MTU 1 mit je 455 KW
Länge und Breite über alles 60.00 m/13.44 m
Wasserverdrängung 896.0 t
Tiefgang 1.53 m
Tragkraft 700 Personen/50 Personenautos