Diese Vorgänge finden noch genauso wie zur Zeit der Indienststellung des Schiffes statt. Stilecht zur Epoche passen die historischen Salons mit ihren Holztäfelungen in Biermalerei, Meissner Porzellanbildern und verzierten Messingsäulen.
Bau
Im Jahre 1884 erbaute die Schiffswerft der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrtsgesellschaft (SBDG) in Blasewitz das Dampfschiff Pillnitz, wie die «Diesbar» am Anfang ihrer Karriere hiess. Die Werft befand sich unweit des Blauen Wunders, das aber erst neun Jahre später als unser Schiff in Dienst gestellt wurde. Der Schiffsneubau kostete 52‘607 Mark und 24 Pfennige.
Kessel und Maschine
Die renommierte Sächs. Dampfschiff- und Maschinenbauanstalt der Österreichischen Nordwest-Dampfschiffahrtsgesellschaft (ÖNWDG) aus Dresden-Neustadt lieferte den Dampfkessel, der für 2 Atmosphären Überdruck ausgelegt war.
Die Dampfmaschine aber stammte aus dem Vorgängerschiff, dem ersten DS Pillnitz, welches 1857 erbaut und unmittelbar vor der Kiellegung des neuen Schiffes 1883 abgewrackt worden war.
Maschine aus dem Jahr 1841
Die Maschine kam nun gründlich überholt zum Einbau – zur damaligen Zeit ein übliches Procedere.
Aus heutiger Sicht wird sie dadurch zum wertvollen Unikat, denn auch das alte Dampfschiff Pillnitz, welches anfangs noch «Stadt Meissen» hiess, war nicht das erste Schiff, in dem die Maschine arbeitete. Ursprünglich stammte sie aus dem ersten Dampfboot Böhmens, der 1841 erbauten «Bohemia». Zu dieser Zeit, dem ausklingenden Biedermeier, die napoleonische Fremdherrschaft war noch keine dreissig Jahre her, war eine solche oszillierende Dampfmaschine hochmodern. Sie wurde für die «Bohemia» von der damals führenden Fabrik für Schiffsmaschinen John Penn & Sons in Greenwich geliefert. Sowohl den Umständen als auch der Qualität der Maschine verdanken wir also heute deren Erhalt. Die Maschine wurde auf den Vorgängerschiffen bereits umfangreichen Umbauten unterzogen und erhielt eine neue Kurbelwelle. Sie trägt die Stempelung: «KRUPP BEI ESSEN, 1853, GUSSSTAHL, 10 JAHRE GARANTIE» sowie das Zeichen Krupps als königlich preussischer Hoflieferant. Bemerkenswert ist der Einsatz von Gussstahl, was für Kurbelwellen, die üblicherweise geschmiedet wurden, ungewöhnlich ist. Alfred Krupp machte seinerzeit das Gussstahlverfahren für den breiten Einsatz nutzbar und verschaffte so der deutschen Industrie erstmals einen Vorsprung gegenüber England, was den hohen historischen Wert der Maschine weiter unterstreicht.
Betrieb
Am 15. Mai 1884 erfolgte die Indienststellung des neuen Dampfers Pillnitz und die Übernahme in den Fahrplanbetrieb, hauptsächlich auf der Strecke zwischen Dresden und Leitmeritz (heute Litoměřice, ČZ). Dank seiner eleganten Einrichtung wurde es auch für Sonderfahrten genutzt. So reisten z.B. am 12. Mai 1887 die Ehrengäste der 1. Internationalen Gartenbauausstellung an Bord nach Stadt Wehlen.
Das Dampfschiff verkehrte, regelmässig gewartet und repariert bis in den Ersten Weltkrieg hinein. Nachkriegsnot und Inflation bedeuteten für das Schiff erst erhöhte Auslastung, dann Liegezeiten durch Kohlemangel, sowie Wartungsstau.
Nachkriegszeit
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung Mitte der 1920er Jahre gab es wieder Investitionen und erste Modernisierungen der technischen Ausstattung. Bislang wurde das Ruder des Schiffes vom Steuermann, der am Heck stand, mittels eines grossen, waagrechten Steuerrades durch Muskelkraft betätigt. Durch die schlechte Sicht von hinten, erfolgte das auf Zeichen des Kapitäns, der als Einziger an Bord von der Kommandobrücke aus den vollen Überblick hatte. Künftig sollte die Ruderbetätigung von da aus erfolgen. Dabei erwies sich die Handbetätigung als zu schwerfällig, woraufhin eine sogenannte Dampfsteuermaschine Typ SS13 der Deutschen Werke Kiel installiert wurde. Es handelt sich um eine dampfbetriebene Servolenkung, die das Ruderlegen zu einer spielend leichten Angelegenheit macht. Sie arbeitet bis heute unverändert zuverlässig und kann im Mittelschiff bestaunt werden. Ausserdem konnte sich die Besatzung nun über ein Steuerhaus freuen.
Namenswechsel
1927 erfolgte der Namenswechsel, nun hiess unser Dampfschiff Diesbar. Eigentlich hat es seinen Namen mit dem noch heute verkehrenden Dampfer Pillnitz getauscht, das damals «Diesbar» hiess. Grund war wohl, dem grösseren Schiff den Namen des bedeutenderen Ortes zuzuweisen.
Weitere Neuerungen
1928/29 wurde auch auf der «Diesbar», als einem der letzten Dampfschiffe, die Petroleumbeleuchtung durch eine turbinengetriebene Elektroanlage ersetzt. Auch die Ansicht änderte sich durch einen komplett weissen Anstrich, den ab 1929 alle Schiffe trugen, was später in der Presse zum Begriff Weisse Flotte führte.
1932/33 fanden neue sanitäre Einrichtungen Einzug. Die Radkästen wurden dazu hinter den Schaufelrädern verlängert.
Zweiter Weltkrieg
So leistete der Raddampfer Diesbar auch in den 1930er Jahren gute Dienste und überstand selbst den Zweiten Weltkrieg mit geringen Blessuren im grau-grünen Tarnanstrich. Während des Krieges war die «Diesbar» im Fahrdienst bis er mangels Personal, das in grosser Zahl zum Kriegsdienst einberufen war, sowie schliesslich aus Mangel an Kohle abgestellt wurde.
Fährschiff
Eine besondere Rolle kam dem Raddampfer Diesbar nach der verheerenden Zerstörung Dresdens in den Jahren 1945/46 zu. Da alle Brücken in der Innenstadt gesprengt waren, diente das Schiff als Fähre, wobei ihm sein geringer Tiefgang zugutekam. Als Fährgeld waren möglichst ein paar Brocken Kohle oder einige Holzscheite zu entrichten. Bemerkenswert ist, dass genau 100 Jahre zuvor das Dampfschiff Koenigin Maria ebenfalls als Fähre zwischen der Dresdner Alt- und Neustadt verkehrte. Allerdings hatte damals Hochwasser die Augustusbrücke beschädigt.
Nach diesem wichtigen Einsatz waren dringende Instandsetzungen fällig, deren Erledigung durch die Werft Laubegast sich aber aus Mangel an allem bei gleichzeitiger Demontage des Betriebes auf Befehl der sowjetischen Besatzungsmacht noch bis 1949 hinzog.
Volkseigener Betrieb (VEB) und weitere Reparaturen
Nach Überführung der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrt in Volkseigentum fuhr der Personendampfer Diesbar zunächst unter der Flagge der Elbeschiffahrt Sachsen. Diese wurde 1950 der Deutschen Schiffahrts- und Umschlagbetriebszentrale (DSU) angegliedert, um dann ab 1957 als VEB Fahrgastschiffahrt Weisse Flotte Dresden wieder ein eigenständiger Betrieb zu werden. Es erfolgten umfangreiche Reparaturen am Schiff, 1959 der Einbau eines neuen, Dampfkessels, welchen das Schiff heute noch besitzt.
Weitere Reparaturen folgten, der Steuerbord-Zylinder der Dampfmaschine wurde 1971 gegen den des ausser Dienst gestellten Raddampfers Königstein getauscht. Sie wurden zu dieser Zeit unter der Massgabe ausgeführt, das Schiff ungefähr weitere fünf Jahre in Betrieb zu halten. Langfristig sollten in einem Neubauprogramm die meisten der alten Dampfer durch moderne Motorschiffe ersetzt werden. Immerhin wurden vier Schaufelradschiffe mit Diesel-elektrischem Antrieb verwirklicht, bis die Ölkrise dieses Projekt stoppte.
Einsatz in der Tschechoslowakei und Reservedienst
1976/77 versah die «Diesbar» bei der tschechoslowakischen Elbschiffahrtsgesellschaft (ČSPLO) leihweise seinen Dienst, welche das Schiff zwischen Dečin und Hřensko einsetzte. Danach wurde der Dampfer durch die Filmgesellschaft DEFA gechartert und zum Rheindampfer Loreley für einen Film über Karl Marx umdekoriert.
1978 folgten fällige Überholungsarbeiten. Zwar wurden diese abgeschlossen, jedoch kam das Schiff nicht mehr in Fahrt, es wurde als Betriebsreserve abgestellt. Unterhaltskosten, hoher Kohleverbrauch bei gleichzeitig geringem Platzangebot, sowie Personalmangel führten dazu.
Unter Denkmalschutz
1980 wurde die Maschinenanlage auf die Denkmalliste des Bezirkes Dresden gesetzt. Allerdings stiess man für eine Übernahme des Schiffes durch Museen oder andere Institutionen auf nicht zu bewältigende Probleme bezüglich Aufstellung und Erhaltung. Ideen gab es hingegen viele: Clubheim, Schifffahrtsmuseum oder Gaststättenschiff sind nur einige davon.
Rettung
Der Zustand des abgestellten Dampfers verschlechterte sich durch Witterung und Vandalismus rapide, sodass beim VEB Weisse Flotte 1983 an Verschrottung gedacht wurde. Doch die 1984 gegründete Fachgruppe Elbeschiffahrt des Kulturbundes der DDR, eine Gruppe schifffahrtshistorisch interessierter Dresdner, kämpfte für den Erhalt des DS Diesbar aufgrund seines geschichtlichen Wertes. Ihr gelang die Sensibilisierung der Öffentlichkeit und staatlicher Entscheidungsträger, sodass nach vielen bürokratischen Hürden im Jahr 1985 Aufbau und Rekonstruktion in Laubegast begannen. Dabei unterstützte die ehrenamtliche Fachgruppe die Werftarbeiter tatkräftig.
So konnten die Zuschauer zum 150jährigen Jubiläum der Oberelbeschifffahrt im Jahr 1986 erste Ergebnisse bewundern. Im Anstrich von 1927 lag das DS Diesbar als Traditionsschiff am Terrassenufer und im Oktober 1989 erfolgte die erste öffentliche Fahrt.
Die Wende
Durch die politischen Veränderungen in der DDR steuerte der Dampfer ab 1990 in eine ungewisse Zukunft. Erst durch Übernahme der Weissen Flotte durch die ContiGruppe und Gründung der Sächsischen Dampfschiffahrts GmbH im Jahre 1992, war die Zukunft der «Diesbar» gesichert. Erste Unterhaltsarbeiten folgten bereits 1993 in der Werft Laubegast und später auch in Rosslau und Aken.
Der Kessel hatte seine letzte Überholung mit neuen eingeschweissten Rauchrohren und neuem Kesselfundament im Winter 2010/11. Dazu krante man ihn aus und schaffte ihn zur ausführenden Firma HSI nach Dresden-Übigau.
Im Winterhalbjahr 2018/19 lag der Dampfer zur umfangreichen Generalreparatur in der Laubegaster Schiffswerft. Bei diesem Aufenthalt wurde unter anderem die Elektrik im Maschinenraum mit einer neuen Schalttafel erneuert und eine neuer Hilfsdiesel für die Stromerzeugung der Marke VOLVO-Penta mit neuem Generator eingebaut.
Gut gepflegt in die Zukunft
Die Weisse Flotte Sachsen GmbH ist immer bemüht, die Dampfschiffe zu erhalten, und führt die nötigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten hauptsächlich in Eigenregie durch. Ausserdem wurde eine ganze Anzahl von Firmen aus der Umgebung für den Erhalt der Dampfschiffe hinzugezogen, wie etwa die Firma HSI Turbinenstahlbau, ein Nachfolgeunternehmen des VEB Dampfkesselbau Übigau.
Wünschen wir dem DS Diesbar weiterhin gute Fahrt mit zufriedenen Fahrgästen und immer eine Handbreit Wasser unter dem Schiffsboden.
*Der Autor, Michael Kaiser, ist Titularmaschinist des Raddampfers Stadt Wehlen.
Historikerkreis Elbeschiffahrt